Die NABU Gruppe Selfkant bittet den Gemeinderat, die Windpotentialfläche Nr. 4 nördlich von Havert und Stein zum Schutz der dortigen überregional bedeutsamen Kiebitzpopulation vor einer Ausweisung als Windenergiefläche zu schützen.
Letztlich per Zufall hat die NABU Gruppe Selfkant erst vor wenigen Tagen erfahren, dass die Fläche Nr.4 nördlich Havert u. Stein in die Flächenkulisse des überarbeiteten Entwurfs „Sachlichen Teilplans Erneuerbare Energien“ zum Regionalplan der Bezirks-regierung aufgenommen wurde, nachdem sie im ursprünglichen Entwurf nach einem öffentlichen Beteiligungsverfahren nicht mehr in der Planung der Bezirksregierung auftauchte.
Der NABU hatte im 1. Halbjahr 2024 in 2 Stellungnahmen ausführlich dargelegt, dass gerade in diesem Gebiet der Kiebitz als planungsrelevante Vogelart beim Ausbau der Windenergie sein wohl größtes Bruthabitat nicht nur im Kreis Heinsberg, sondern darüber hinaus wohl auch im gesamten Rheinland und der niederländischen Provinz Limburg hat. Dies konnte mit einer seit über 10 Jahren laufenden Brutrevier Kartierung belegt werden. Aktuell wurden in diesem Jahr dort 23 (!) Brutreviere gezählt.
Der Kiebitz ist extrem vom Aussterben bedroht. Er wird in der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Vögel in der Kategorie 2 geführt. Nicht nur deswegen ist er in diesem Jahr in einer öffentlichen Publikumswahl zum zweiten Mal zum „Vogel des Jahres“ gewählt worden. Der Kiebitz ist für viele Menschen ein Sympathieträger, der allerdings extrem sensibel auf Windräder reagiert und allein deswegen sein Brut-habitat in deren Nähe umgehend aufgibt.
Nicht zuletzt deswegen sieht das sog. „Helgoländer Papier“ – ein von Gerichten allseits anerkanntes, wissenschaftliches Fachgutachten vor, dass für Kiebitz Bruthabitate ein Abstand von 500m zu WEA einzuhalten ist.
In unseren Eingaben im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung wurde dies entsprechend berücksichtigt.
Nun heißt es in der Sitzungsvorlage 199/2024 für die Gemeinderatsitzung am 17. September 2024 hinsichtlich der erneuten Änderung des Flächennutzungsplans Nr. N 30 – Windkraft Selfkant -, dass nach Wegfall anderer Flächen seit dem 23.8.2024 stattdessen „eine Fläche nordöstlich von Havert und Stein hinzugekommen ist.
Wörtlich ist dazu in der Ratsvorlage zu lesen, dass „diese veränderte Flächenkulisse zur Folge hat, dass die bislang im Änderungsverfahren Nr. N 30…… dargestellte Flächenkulisse nicht mehr dem aktuellen Entwurf der zeichnerischen Festlegungen zum „Sachlichen Teilplan‘ Erneuerbare Energien‘ entspricht. Für die neue Fläche zwischen Havert und Stein sind daher keine Anregungen im Rahmen des Beteiligungsverfahrens eingegangen.“
Dieser letzte Satz ist schlichtweg falsch. Unsere beiden Stellungnahmen bezogen sich hauptsächlich und eindeutig auf jenes Bruthabitat nördlich von Havert und Stein. Dabei wurde besonders in unserem letzten Schreiben vom 12. Mai 2024 auch darauf hingewiesen, dass der NABU zur Zusammenarbeit hinsichtlich der Ausweisung von Potentialflächen bereit ist.
Das nicht korrekte Handeln der Gemeindeverwaltung gipfelt dann in der Formulierung, dass „nunmehr die Stellungnahmen eingeholt und ausgewertet wurden“ und „das vorrangige Ziel des Änderungsverfahrens erfüllt ist. Das Verfahren kann daher eingestellt werden.“
In der tabellarischen Anlage zur Ratsvorlage mit „gesammelte Argumente aus Beteiligung“ taucht die Fläche Nr. 4 gar nicht auf!
Warum seitens der Verwaltung so gehandelt wird, kann der NABU nicht verstehen. Der NABU ist der größte deutsche Umweltschutzverband und sollte – von der Politik ausdrücklich gewollt – möglichst früh an solche Verfahren beteiligt werden. Der NABU Selfkant ist zu keinem Zeitpunkt über dieses Verfahren zur Ausweisung von Windenergieflächen informiert worden, geschweige denn, offiziell beteiligt worden.
Trotzdem haben wir uns schon früh über die Öffentlichkeitsbeteiligung in das Planverfahren eingebracht und uns gegen den Ausbau der WEA dort im Gebiet Nr.4 ausgesprochen, um eben juristische Konflikte zu vermeiden, und das liegt ausdrücklich auch im Interesse des Gesetzgebers.
Der NABU Selfkant bittet nun die Mitglieder des Gemeinderates, zum Schutz des stark gefährdeten und extrem windkraftsensiblen Kiebitz auf den Ausbau von WEA im Gebiet Nr. 4 zu verzichten und damit ein über den Selfkant hinaus überregionales und grenzüberschreitendes Kiebitzhabitat zu erhalten. Es wäre auch ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt.
Wir alle sollten stolz darauf sein, dass im Selfkant im Frühjahr der Kiebitz uns noch mit seinen beeindruckenden Balzflügen erfreuen kann. Der diesjährige Vogel des Jahres braucht unser aller Unterstützung.
NABU Selfkant e.V.