Sehr geehrte Damen und Herren,

nun ist das eingetroffen, wovor wir schon seit Jahren gewarnt haben. Der Haushalt lässt sich nicht mehr auf normale Weise ausgleichen. Die Ausgleichsrücklage ist schon seit Jahren aufgezehrt und damit ist die Möglichkeit des fiktiven Haushaltsausgleichs nicht mehr vorhanden. Wir müssen also erneut an die Allgemeine Rücklage heran, um das Defizit im Ergebnishaushalt auszugleichen. Das lief bisher stillschweigend am Bürger in Selfkant vorbei, denn man nagte nur am Eigenkapital ohne wirklichen Geldfluss.
Damit ist jetzt Schluss, weil die Verwaltung den Haushalt nur ausgleichen kann, wenn sie die Grundsteuer B erhöht, um nicht in das Haushaltssicherungskonzept zu fallen. Geplant ist im Jahr 2022 den Hebesatz für die Grundsteuer von 530 auf 660 Prozent, also um 130 Punkte anzuheben. Damit werden jetzt alle Grundstücksbesitzer und indirekt auch die Mieter in Höhe von mehr als 500.000 € zum Haushaltsausgleich zur Kasse gebeten. Wenn dieses ein einmaliger Vorgang wäre und damit die Finanzierung der Gemeinde nachhaltig gesichert wäre, könnte man eigentlich nichts dagegen haben. Aber dem ist leider nicht so. Denn die Verwaltung hat in der mittelfristigen Finanzplanung für das Jahr 2024 schon jetzt eine weitere Anhebung des Hebesatzes auf 800 Prozent geplant, also erneut eine zusätzliche Belastung der Bürger in Selfkant um über 500.000 €. Wir sind der Auffassung und haben das in den vergangenen Jahren immer wieder bei den Haushaltsberatungen angemerkt, dass Selfkant kein Einnahmeproblem hat, sondern ein Ausgabeproblem. Die Gemeinde lebt über ihre Verhältnisse und die Gemeindeverwaltung ist nicht bereit, daraus die nötigen Schlüsse zu ziehen, nämlich die Ausgaben im Ergebnishaushalt zu begrenzen.
Unter diesen Umständen, wünschten wir uns manchmal, dass das Damoklesschwert des Haushaltssicherungskonzeptes zuschlägt und die Verwaltung zwingt, ein Konzept zu entwickeln, wie man die Gemeinde nachhaltig finanzieren kann. Sicherlich käme es auch dann zu Gebühren- und Steuererhöhungen, aber eben auch zum Wegschnitt vieler Ausgaben des Ergebnishaushaltes und zu einem verlässlichen Haushalt.
Um die Gemeinde langfristig nachhaltig zu finanzieren, bedarf es eines Konzeptes mit dem mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze und -beschäftigte in Selfkant geschaffen werden. Dafür fehlen uns aber jegliche Vorschläge der Gemeindeverwaltung, die wir diskutieren und umsetzen können. Bisher wird die Schuld immer bei anderen gesucht, bei der Landesregierung, bei den Umlagen an Kreis und Jugendamt usw.
Der jetzt vorliegende Haushalt zeigt uns deutlich, dass auch in den Folgejahren mit keiner Besserung der Finanzlage zu rechnen ist. Wenn wir allerdings auch den Finanzhaushalt in die Betrachtung einbeziehen, stellen wir fest, dass auch die Liquidität und die Schuldenfreiheit der letzten Jahre schwindet. Allein in diesem Jahr werden wir für Investitionen 4,89 Mio. € an Krediten aufnehmen. Wir ermächtigen die Verwaltung darüber hinaus in den nächsten Jahren für Auszahlungen 9,4 Mio. € Aufträge zu erzielen. Wir genehmigen mit diesem Haushalt Liquiditätskredite im Höhe von 5 Mio. €. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Schuldensituation in den nächsten Jahren. Das alles zusammen bedeutet, dass sich unser Schuldenstand seit 2021 von 8.600 € bis 2025 auf 9.541.900 € erhöhen wird und das alles ohne Gute Schule 2020. Das bedeutet wir verschulden jeden Einwohner vom Baby bis zum Hundertjährigen mit pro Kopf 1000 €. Und aus unserer Sicht wird sich dieser Trend so fortsetzen.
Nun sind Schulden per se ja noch kein Drama, wenn sie für die richtigen Investitionen ausgegeben werden. Aber die Investitionen müssen sich selbst refinanzieren also rentierlich sein, d.h. sie dürfen den Ergebnishaushalt nicht zusätzlich belasten. Das ist in Selfkant aber offensichtlich nicht üblich, obwohl die Verwaltung im Vorbericht selbst darauf hinweist.
Dort heißt es: Ich zitiere: „Bei jeder Entscheidung über eine Investition sind auch die mit der Investition in Verbindung stehenden Folgekosten wie z.B. Abschreibung, Unterhaltung und Personalaufwand miteinzubeziehen. Darüber hinaus hat man selbstredend vorrangig die Frage zu stellen, ob es sich hier um eine pflichtige oder freiwillige bzw. wünschenswerte Investition handelt.“ Zitat Ende.
Wir haben in den früheren Jahren immer wieder Investitionen beschlossen, die nicht zwingend waren und gleichzeitig nicht lohnend. Bei diesen Entscheidungen hat auch der Reiz eine Rolle gespielt, Zuschüsse des Landes und Städtebauförderungsmittel – wie z.B. bei der Erweiterung eines Schießstandes oder der Multifunktionshalle Höngen – abzugreifen. Die Funktion des Zuschusses nannte man früher „goldener Zügel“ des Landes, um die Gemeinden dazu zu veranlassen, das vom Land Gewünschte zu tun. Aber es kann doch nicht Ziel des Landes sein, die Gemeinden in den finanziellen Ruin zu treiben. Deswegen sollten wir uns mit der Verwaltung und allen Fraktionen einig sein, solche Angebote in Zukunft auszuschlagen, wenn wir die damit verbundenen Lasten nicht tragen können.
Wir werden diesem Haushalt nur mit größten Bedenken noch ein letztes Mal zustimmen. Für die folgenden Jahren verlangen wir von der Verwaltung ein Konzept zu nachhaltigen Finanzierung der Gemeinde. Dieses können wir gerne im Laufe des Jahres gemeinsam entwickeln.