Wir begrüßen alle Anwesenden ganz herzlich zu den Haushaltsberatungen 2022.

Wie im vergangenen Jahr haben sich PRO Selfkant, SPD und Bündnis90/Die Grünen erneut dazu entschlossen die Ergebnisse der Haushaltsberatung gemeinsam vorzustellen.
An dieser Stelle möchten wir erwähnen, dass sich alle Fraktionen im Vorfeld darauf verständigt haben, dass das Vortragen der einzelnen Haushaltsreden auf eine kurze Stellungnahme zu den Kernaussagen reduziert werden soll. Wir waren uns parteiübergreifend einig, dass es in der fortdauernden Corona-Pandemie nicht sinnvoll ist, dass die Sitzungen der Gemeindevertretung unnötig in die Länge gezogen werden.
Vorab möchten wir uns bei Ihnen, Herr Wever, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Kämmerei bedanken. Der Haushaltsentwurf wurde den Mitgliedern des Gemeinderates zeitnah zur Verfügung gestellt, so dass ausführliche Beratungen möglich waren. Gleichzeitig haben Sie sich für die einzelnen Fraktionen die Zeit genommen, den Haushaltsentwurf mit all seinen Höhen und Tiefen zu erläutern sowie offene Fragen zu klären. Auch für diese geleisteten Überstunden bedanken wir uns ganz herzlich.
In der Haushaltsrede zum Haushaltsentwurf 2021 hatten wir bereits darauf aufmerksam gemacht, dass wir zur Aufrechterhaltung unserer qualitativ hochwertigen Standards in der Gemeinde zukünftig auch unpopuläre Entscheidungen werden treffen müssen. Diese Aussage sollte bereits zehn Monate später zur unumstößlichen Gewissheit werden. Im Dezember 2021 wurde mit der deutlichen Anhebung der Grundsteuer B eine Kernaussage des neuen Haushalts vorweggenommen – die Einnahmen reichen nicht mehr aus, um alle Aufgaben und Ausgaben der Gemeinde aus eigener Kraft zu bewerkstelligen bzw. einen ausgeglichenen Haushalt darzustellen.
Grundsätzlich können wir natürlich zum Ausgleich des Haushalts unsere Rücklagen weiter abschmelzen. Diese Vorgehensweise hat aber zwangsläufig zur Folge, dass wir innerhalb weniger Jahre in die Haushaltssicherung rutschen. Durch eine Haushaltssicherung werden die Gestaltungsmöglichkeiten, wie wir sie bisher kennen, so stark beschnitten, dass eine eigenbestimmte Entwicklung unserer Gemeinde für mindestens 10 Jahre nicht mehr möglich sein wird.
Sicherlich trägt zu dieser unerfreulichen Entwicklung der erhöhte Kapitalbedarf (+535 T€) des Kreises Heinsberg, dem wir uns als angeschlossene Kommune nicht entziehen können, einen entscheidenden Anteil bei. Da ist es wenig tröstend – wenn auch beruhigend – dass die Corona-Pandemie, die das Land nach wie vor fest im Griff hat, für den Selfkant bisher vergleichbar geringe Auswirkungen gehabt hat.
Durch die Bundestagswahl und den Kurs der neuen Bundesregierung bleibt außerdem abzuwarten, welche Folgen schnelle Klimaneutralität, CO2-Bepreisung, zeitnahe deutliche Reduzierung der fossilen Brennstoffe in der Mobilität und Wärmegewinnung sowie ein rasanter Auf- und Ausbau von E-Mobilität inklusive der notwendigen Strukturen und erneuerbaren Energien auch für unsere Gemeinde mit sich bringen werden. Sicherlich führt an den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit kein Weg vorbei! Und jede noch so kleine Bemühung diese Themen erfolgreich voran zu bringen hilft dem großen Ganzen. Aber wir alle müssen uns auch bewusst sein – es kostet nicht nur große Anstrengung, Zeit und Geduld sondern auch Geld.
Da ist es wenig verwunderlich – eher fast schon beängstigend – dass unser Kämmerer in der Fortschreibung der Haushaltsentwicklung der Gemeinde Selfkant bereits heute eine weitere Steuererhöhung bis zur nächsten Kommunalwahl in 2025 einplant. Diese Steuererhöhung ist jedoch nicht einem exzessiven Investitionsverhalten geschuldet. Nein, die neuerlich prognostizierte Steuererhöhung ab 2024 ist der voraussichtlichen Entwicklung der Kosten für alle verpflichtenden und unabdingbaren Aufgaben der Verwaltung zuzuschreiben. Kurz gesagt, die Bürgerinnen und Bürger werden zukünftig noch tiefer in die Tasche greifen müssen. Umso mehr ist die Politik, aber auch die Gemeindeverwaltung aufgefordert, durch größtmögliche Transparenz bei den jeweiligen Entscheidungen sowie den finanziellen Auf- und Ausgaben jederzeit für Klarheit zu sorgen. Wir können uns den Worten des Kämmerers vorbehaltlos anschließen, dass nur durch transparentes Handeln und Verzicht auf nicht zwingend notwendige Maßnahmen/Investitionen in der Bevölkerung für Akzeptanz und letztendlich Verständnis für weitere Erhöhungen der Hebesätze geworben werden kann.
Um die aktuelle Entwicklung unserer Haushaltssituation besser nachvollziehen zu können, wollen wir nun einen detaillierteren Blick auf die Zahlen werfen.

Der uns vorgelegte Haushalt für das Jahr 2022 schließt mit einem negativen Ergebnis in Höhe von 1,76 Millionen € ab. Im Haushaltsentwurf sind 9,65 Mio € an investiven Auszahlungen berücksichtigt, zum Beispiel 1.48 Mio. € für die Sanierung der Gesamtschule in Höngen, 1.2 Mio. € für die Errichtung von Asylbewerberunterkünfte und erfreulicherweise, wenn man bedenkt, dass der Antrag der SPD hierfür bereits aus dem Jahre 2019 stammte, 1.11 Mio. € für den Einbau von Photovoltaikanlagen auf kommunalen Gebäuden. Weitere 478.000,- € für die Sanierung des Bauhofes und 600.000,- € für die Umsetzung des Brandschutzbedarfsplans vorgesehen.
Unbestritten sind dies wesentliche Investitionen in die Zukunft unserer Gemeinde, die auch und gerade dazu führen, dass folgende Generationen gut und gerne hier im Selfkant leben können und wollen.
Neben dieser unverzichtbaren und notwendigen Zukunftssicherung bedarf es aber immer auch noch weiterer Faktoren, die unsere Gemeinde sowohl lebenswert als auch zukunftssicher machen. Die damit zusammenhängenden Aufwendungen verbergen sich zumeist in den sogenannten freiwilligen Leistungen und stellen proportional einen eher geringeren Anteil des Haushaltes dar. Sie stehen immer wieder mehr oder weniger unter einem Finanzierungsvorbehalt. Nutznießer solcher freiwilligen Leistungen sind alle Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Selfkant.

Dazu gehören – auch hier wieder auszugsweise und nicht abschließend – unsere Vereinslandschaft, das kulturelle Angebot, die Sportmöglichkeiten ebenso wie viele kleine und im Vergleich zu den großen Haushaltspositionen zumeist eher unscheinbare Wünsche und Anregungen.

So wie das aktuelle Haushaltsjahr zeigen auch die mittelfristigen Planzahlen 2023 – 2025 negative Werte von 1,87 bis 1,29 Mio. €. Ein negatives Ergebnis ist gleichbedeutend mit einer Verminderung unseres Eigenkapitals in gleicher Höhe von jetzt 38,4 Mio. Euro auf 32,2 Mio. €. Dies ist ein Abbau des Eigenkapitals um ca. 16%, obwohl im veranschlagten Zeitraum zwei Erhöhungen der Grundsteuer B stattgefunden haben, welche in der Summe ca. 1 Mio. Euro an jährlichen Mehreinnahmen ausmachen. Parallel zu den defizitären Jahresergebnissen zeigt sich erstmals wieder eine drastische Zunahme der Schuldenlast zum 1.1.2021 von gerade mal 8.600 Euro bei Antritt des neuen Bürgermeisters auf 9,87 Mio. € zum 1.1.2026. Jemand, der diese Zahlen sieht, ohne die Hintergründe zu kennen, müsste sich fragen: „Was läuft da gerade schief bzw. kann unser neuer Bürgermeister nicht wirtschaften?“ Aus unserer Sicht ist das Gegenteil der Fall. Pflichtausgaben, wie beispielsweise die längst überfällige Sanierung des Bauhofs sowie die Sanierung der Asylbewerberunterkünfte, werden endlich angegangen. Dies wurde von uns fortwährend gefordert. Es kann nicht sein, dass eine Kommune bei der Unterbringung ihres eigenen Personals die Richtlinien der Betriebsstättenverordnung nicht einhält bzw. in den Asylbewerberunterkünften der Brandschutz nicht gewährleistet ist.
Darüber hinaus steigt das Defizit der Gemeinde Selfkant an, weil vor allem im Bereich der ambulanten und stationären Jugendhilfe die Kosten beim Kreis seit Jahren explodieren, ohne dass wir hierfür finanzielle Unterstützung von Land oder Bund bekommen. Für uns alleine bedeutet dies eine Erhöhung der Jugendamtsumlage um 467.000,- €.
Die Kommunen tragen also weiterhin und zunehmend gesellschaftliche Lasten, die sie weder beeinflussen noch alleine finanzieren können. Hier greift für die Kommunen das Prinzip: „den Letzten beißen die Hunde“.
Rechnet man jetzt noch die Erhöhung der Kreisumlage um 105.000 € dazu, ergibt sich für 2022 ein Mehraufwand von 572.000,- €, auf den wir gar keinen Einfluss haben. Auch der Wegfall der Streitkräftepauschale von 239.500,- € reißt ein großes Loch in die Kasse.

Was wir allerdings in Frage stellen ist der geplante Bau einer Dreifeldturnhalle an dem Gesamtschulstandort Höngen. Hier wird nach der uns vorliegenden Planung ein Eigenanteil in Höhe von 3 Mio. € fällig, welcher bei der aktuellen Haushaltssituation ausschließlich aus Krediten finanziert werden muss. Wohlwissend, dass bei der bestehenden Halle Handlungsbedarf besteht, stellt sich uns dennoch die Frage, ob für einen reibungslosen Schulsportbetrieb eine Dreifachturnhalle erforderlich ist. Selbst, wenn die Schule in absehbarer Zeit fünfzügig werden sollte, sehen wir die Notwendigkeit nicht. Optional könnte über eine Sanierung der bestehenden Halle bei teilweiser Mitbenutzung der Sporthalle in Tüddern der Sportbetrieb der Schule gewährleistet werden. Sollte man dennoch zum Neubau tendieren, ist aus unserer Sicht eine Zweifeldhalle schon mehr als ausreichend.

Wie bereits ausgeführt, sind wir als Kommune bei den entscheidenden Stellschrauben wie Kreisumlage, Schlüsselzuweisungen und Höhe der Gewerbesteuer abhängig von Entscheidungen anderer. Als letzter in der Kette der Legislative können wir hier nur mahnen und, wo immer es möglich ist, politischen Druck ausüben.
Wir müssen uns als gewählte Vertreter der Bürgerinnen und Bürger aber die Frage stellen, wo wir innerhalb der Gemeinde sparen und wir unsere Einnahmesituation verbessern können.

Um diese erhöhten Aufwendungen zu kompensieren bedarf es einer Zunahme von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, weil dadurch die Schlüsselzuweisungen des Landes stiege, was wiederum dann zu einer verbesserten Haushaltslage führte.

Die Schaffung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze verbindet sich kausal mit einem weiteren Thema; dem bezahlbaren Wohnraum.

Wenn schon Neubaugebiete geschaffen werden, dann für alle Einkommensschichten, nicht wie bisher hauptsächlich für diejenigen, die sich ein Einfamilienhaus leisten können. Die SPD-Fraktion legt großen Wert auf eine Mischung verschiedener Wohnformen: neben Einfamilienhäusern sollten mehr Doppel-, Reihen- und Mehrfamilienhäuser einschließlich Mietwohnungen erstellt werden.
Den Bebauungsplan beschließt der Gemeinderat. Wir können also festlegen, was in den Neubaugebieten gebaut werden darf. Aber Sie, meine Damen und Herren der CDU, sagen immer, die EGS könne dies nicht umsetzen, dazu bräuchte man eine Wohnungsbaugesellschaft. Da liegt doch dann die Überlegung nahe, dies in naher Zukunft in Angriff zu nehmen.
In Erkelenz wird beispielsweise in den nächsten Jahren die Grundstücks- und Entwicklungsgesellschaft mbH & Co. KG, kurz GEE genannt, aufgelöst und die GEWE (Grundstücksentwicklungs- und Wohnungsbauförderungsgesellschaft Erkelenz) gegründet, die dann auch bezahlbaren Wohnraum schafft.
Die Schließung von Baulücken in den Ortschaften und die Innenentwicklung der Dörfer im Selfkant könnten mit einer Wohnungsbaugesellschaft viel besser umgesetzt werden und hat dabei auch viele Vorteile: es wird keine freie Landschaft bebaut, die Infrastruktur ist schon vorhanden und wird besser genutzt, es gibt kurze Wege zu Kindergärten, Schulen, Bushaltestellen, Geschäften, Dienstleistern usw.

Meine Damen und Herren,
abschließend möchte ich mich im Namen der drei Fraktionen PRO Selfkant, Bündnis90/Die Grünen und der SPD bei all denjenigen Menschen im Selfkant bedanken, die ehrenamtlich für das Gemeinwohl tätig sind.

Aufgrund der vorliegenden Zahlen des Haushaltsentwurfs und der vorgesehenen Investitionen, besonders der Errichtung von Photovoltaikanlagen auf den gemeindeeigenen Gebäuden und der Umsetzung des Generationenparks in Saeffelen werden wir, PRO Selfkant, Bündnis90/Die Grünen und SPD, dem Haushaltsentwurf 2022 zustimmen.