Geilenkirchen. Im ambulanten Hospizverein Camino e.V. engagieren sich rund 60 ehrenamtlich tätige Mitglieder in der Begleitung sterbender Menschen, oder in der Begleitung trauernder Angehöriger. Astrid Spiertz ist seit mehr als einem Jahr ehrenamtlich tätig. Warum ist sie begeistert von Ihrem Ehrenamt? Was motiviert sie weiter zu machen? Sie wurde stellvertretend für die ehrenamtlichen Hospizbegleiter*innen von Camino interviewt:
Fr. Spiertz, wie haben Sie zu Ihrem Ehrenamt gefunden?
Spiertz: In meiner beruflichen Laufbahn war ich über 22 Jahre in der Gastronomie selbstständig und habe neben dem Betrieb einer Diskothek und eines Biergartens viele Feste organisiert. Nicht umsonst steckt in dem Wort Bedienung auch das Wörtchen dienen, es ist einfach schön, wenn die Gäste gerne kommen und man ihnen eine Auszeit vom Alltag und ein paar schöne Stunden der Freude bereiten kann.
Seit einigen Jahren bieten wir nur noch im Oktober und November Veranstaltungen an. Deshalb bleibt mir nun die Zeit, den Menschen auch auf andere Art und Weise nahe zu kommen.
Diese neu gewonnene Zeit wollte ich auf jeden Fall sinnvoll einsetzen. Durch eine Bekannte hörte ich von ihrem Engagement als Hospizbegleiterin beim Ambulanten Hospizdienst Camino. Ihr Umgang mit Krankheit, Verlust und Tod interessierten mich. Ich ließ mich bei Camino zur Hospizbegleiterin ausbilden. Trotz der schwierigen Themen herrschte während des Kurses eine helle, lebensbejahende, freundliche Stimmung und ja, wir haben auch oft gelacht.
Seit dem Kursende begleite ich Menschen, deren Lebenszeit durch hohes Alter, oder eine schwere Krankheit verkürzt ist. Menschen deren Leben zu Ende geht und die in schweren Lebenssituationen leben. Auch in den letzten Lebensmonaten, -wochen oder tagen kann es für Betroffene und Angehörige frohe, lebenswerte Momente, gute Gespräche und das Gefühl von Zugehörigkeit, Freundschaft und Würde geben. All das möchte ich den Menschen, die ich begleite, ermöglichen.
Wie regiert Ihr persönliches Umfeld auf Ihr hospizliches Engagement und was macht Ihnen an diesem Ehrenamt Freude?
Spiertz: Einige meiner Freunde fragen mich „Bist du verrückt? Warum gerade Menschen am Lebensende? Warum bürdest Du Dir das auch noch auf?“. Ich erzähle dann davon wie viele lebendige und wertvolle Momente ich in der Begleitung von Menschen an deren Lebensende erlebe. Ich nehme die Gedanken, die Sorgen und die Wünsche der Begleiteten ernst und höre aufmerksam zu, wenn sie aus ihrem Leben erzählen. Manchmal kann ich kleine Wünsche erfüllen. Zum Beispiel einen Spaziergang im Garten, einen Besuch in der Kapelle, oder ich besorge eine Tafel der Lieblingsschokolade, oder eine frische Apfeltasche aus der benachbarten Bäckerei. Ich ermögliche die Erfüllung kleiner Sehnsüchte, spende Trost und lindere die Einsamkeit. Manchmal ist Schweigen, Anteil nehmen, Dasein und Dableiben gewünscht, denn häufig ziehen sich Freunde aus Unsicherheit im Umgang mit dieser Lebenssituation zurück. Es kommt vor, dass die Begleiteten mich in Gedanken an ihrem bereits gelebten Leben teilhaben lassen. Wir lachen zusammen, oder sind zusammen traurig. Manchmal vertrauen die Menschen mir an, was für sie im Leben wichtig ist. Dieses Vertrauen, die Freude und die Dankbarkeit, die mir entgegengebracht werden, machen mich froh und schenken mir Kraft für meinen Alltag.
All das erzähle ich meinen Freunden, wenn sie mich fragen wieso ich diesem Ehrenamt nachgehe.
Sie erzählen von vielen schönen Momenten. Gibt es nicht auch schwere Momente? Momente, in denen Sie vielleicht an Ihre Grenzen kommen?
Spiertz: Wie überall im Leben gibt es in der hospizlichen Begleitung schwere und leichte Situationen. Manchmal verschließen sich Menschen. Sie wünschen sich zwar dringend Unterstützung und Besuch, haben aber gleichzeitig auch große Angst vor Kontakt. Wenn ich diese Zwiespältigkeit spüre nehme ich Tempo raus. Dann ist neben dem Verständnis auch viel Geduld gefragt. Meistens verschwinden die Ängste und Bedenken beim näheren Kennenlernen. Schwer ist es für mich z.B. zu erleben, wenn ungeklärte familiäre Probleme ein friedliches Sterben verhindern. Menschen, die unversöhnt oder emotional belastet sterben müssen, haben es oft schwer. Das tut mir in der Seele weh. Es kann auch vorkommen, dass Sterbende unter Symptomen wie z.B. Luftnot, Schmerzen oder Ängsten leiden. Hier kann aber zum Glück eine gute medizinische Versorgung durch ein spezialisiertes Team Linderung verschaffen. Außerdem habe ich in der Ausbildung zur Hospizbegleiterin Tipps und Ideen bekommen, wie ich als medizinischer Laie beistehen und Hilfe anbieten kann. Es ist für mich ein wirklich gutes Gefühl, dass ich schwere Situationen nicht alleine durchstehen und meistern muss. Die Koordinatorin von Camino ist für mich bei Nachfragen immer erreichbar und nimmt sich auch spontan Zeit für mich. Zusätzlich gibt es monatliche Treffen mit den ehrenamtlichen Kollegen und Kolleginnen, in denen wir Erfahrungen austauschen und uns gegenseitig unterstützen.
Was würden Sie anderen Menschen mitteilen wollen, die sich ehrenamtlich engagieren möchten?
Spiertz: Ich möchte diesen Menschen Mut machen. Hospizliche Begleitung ist Mitmenschlichkeit. Nicht mehr und nicht weniger. Der erkrankte, sterbende Mensch wird wahrgenommen und wertgeschätzt. Bis zu seinem letzten Atemzug ins Leben integriert. Jeder, der das Herz auf dem richtigen Fleck hat, Menschen liebt und keine Angst vor Krankheit und Begleitsymptomen hat, kann hospizlich begleiten. In der Ausbildung zum Hospizbegleiter bekommt man einen Rucksack mit Wissen und Sicherheit.
Ich finde, dass wir die schönen Seiten des Lebens gemeinsam ausgelassen feiern sollten und ich würde mir wünschen, dass wir alle unsere Mitmenschen in den schlechten Tagen nicht aus den Augen verlieren.
Ein neuer Befähigungskurs zur Hospizbegleitung beginnt im Februar 2025:
Anmeldungen und nähere Infos erhalten Sie beim Ambulanten Hospizverein Camino e.V. Geilenkirchen unter der Tel. 02451/62095900.
RCS