Der Kultursommer Selfkant präsentiert zum 60. Jahrestag der Rückgliederung des Selfkantland (1. August 1963) am Samstag, 29. Juli ab 19:30 im Pfarrgarten Saeffelen das Musical „….einmal Niederlande und zurück“. Mitdabei sind unter anderen die Musikgruppe Glenrock, Hannah Cleef (Gesang), Musikverein St. Georgius Saeffelen, Spielmannszug Saeffelen, chor St. Luzia, Musiker/innen aus Konigsbosch, Oldtimerverein Millen, Schützenbruderschaften aus dem Selfkantland, Showtanzgruppe Xanadu sowie weitere Teilnehmer/innen aus den Selfkantland und niederländischen Grenzgebiet.

Der Kartenvorverkauf zu diesem Musical startet am Freitag, 24. März ab 19:00 in der Kneipe des Dorfsaal Saeffelen. Die Eintrittskarten kosten 17,50€.

 

Einzigartige deutsche Nachkriegsgeschichte im Selfkantland – Rückgliederung des Selfkantlandes blickt zum 60. Jahrestag

–Kleiner geschichtlicher Auszug– mit Quelle:  Archiv Gemeinde Selfkant, Historisches Jahrboek voor het Land van Zwentibold

Als der Selfkant 14 Jahre lang eine Königin hatte

Es klingt ja fast wie ein Märchen, jedoch die Selfkantgeschichte ist keine wie jede andere – war plötzlich mehr als nur ein Stück deutscher Nachkriegsgeschichte. Die Deutschlandfrage nach dem zweiten Weltkriege beschäftige die Politik. Viele Länder stellten Gebietsansprüche für die Kriegswirren. Die Niederlande beanspruchten ein Gebiet von rund 1840 Quadratkilometer, favorisierten dabei das Selfkantland mit seinem Flaschenhals. Die Gemeinde Selfkant wird zangenförmig von niederländischem Staatsgebiet mit einer Grenze von 27 Kilometer umgeben. An seiner Westspitze blickt der Selfkant bis auf vier Kilometer zur Maas.
Am 8. Februar 1949 wurden in Paris die Gebietsforderungen von der Sechsmächtekonferenz geprüft. Im April 1949 überschlugen sich die Ereignisse. Am 21. April verabschiedete die niederländische Kammer eine Auftragsverwaltung des Selfkantlandes mit 25 ja gegenüber 17 nein Stimmen. Die deutschen Zoll- und Polizeibeamten wurden am nächsten Tag abgezogen, der Selfkant war für Stunden Niemandsland. Am 23. April war es so weit, am Rathaus Tüddern wurde nach 12:00 die niederländische Nationalfahne gehisst. Die bisherige deutsch-niederländische Grenze wurde vorerst geschossen – für rund zwei Wochen war der Selfkant total isoliert – auch die bisherige Grenzlinie wurde geschlossen, erst Wochen später öffneten sich wieder die Grenze jedoch mit neuer Grenzlinie nachdem die neue Verwaltung ihre Arbeit auch mit der Registrierung der Selfkantbevölkerung abgeschlossen hatte.
Landdrost Hubert Dassen im Grunde als Landrat übernahm für die Niederlande das neue Gebiet. Die Gemeinden Tüddern, Wehr, Hillensberg, Millen, Havert mit Isenbruch und Schalbruch sowie Süsterseel, der größte Teil der Gemeinde Höngen bis auf die Ortschaft Dieck, ein Teil der Gemeinde Mindergangelt, ein unbewohnter Teil der Gemeinde Schümm sowie ein Teil der Gemeinde Saeffelen mit der Ortschaft Heilder mit einem Gebiet von 42,05 Quadratkilometer und rund 5.400 Einwohnern standen von heute auf morgen unter niederländischer Auftragslage, wurden vom Heimatland abgetrennt.
Gemischte Stimmungslage
Die Freude nach der Rückgliederung war natürlich riesengroß, aber die 14 Jahre Niederlande waren für viele Selfkäntler auch Jahre des Glücks. Da strahlte zunächst Hillensberg, der Ort erhielt die erste Wasserleitung. Viele Menschen aus dem Selfkant fanden in der Autoindustrie bei DAF sowie DSM und Bergbau gleich Arbeit. Die Industrie in Süd-Limburg boomte. Und da war das Rentensystem der Niederlande, jeder ab 65 erhielt eine Rente. Im deutschen Gebiet wurde am Wirtschaftswunder gebastelt, da hatte das Selfkantland bereits sein Wunder mit Kaffee, Käse und Butter und vielem mehr.

Legendäre Butternacht

Wochen vor der Rückgliederung zum 1. August 1963 gab es Bewegung im gesamten Selfkant, eine weitere Geschichte wurde geschrieben. Die beginnenden Nachtstunden des 31. Juli sollten als die „Butternacht“ alle Geschichtsbücher füllen. Aufgrund Insiderwissen postierten einige Unternehmer unter anderen aus Düsseldorf und Köln hunderte Lastkraftwagen. Nicht nur diese wurden mit Waren gefüllt, sämtliche Garagen und alle Schuppen im Selfkant ebenfalls. Man spricht unter anderen von
• rund 30to Rohkaffee
• über 10to Röstkaffee
• rund 5to Kakao
• fast 5.000to Getreide und Mehl
• rund 2.000to Eier
• rund 1.000to Butter sowie Obst/Gemüse
• dazu rund 20.000 Stück Vieh und und und – dies sind nur geschätzte Zahlen
Ab Mitternacht zum 31. Juli 1963 hatten die Lastkraftwagen freie Fahrt, man war ja auf deutschem Gebiet – die Kolonnen konnten fahren.

Die Sache mit dem Esel

Wochen vor der Rückgliederung warnten die Behörden vor Hamsterkäufe, viele im Selfkant nahmen die Androhungen der Behörden ernst. Aber die Unternehmer hatten keine Angst möglicher Zollabgaben – man sprach hier von „Insiderwissen“ oberster Stellen. Und in der Nacht wurde auch ein Esel über die Grenze geschoben mit dem Hintergrund: „Was waren wir für Esel“. Einige der Unternehmer bauten aufgrund der Butternacht ihr Imperium auf.

 

HE